
Warum dein Schweigen oft lauter ist als Worte?
Kennst du das Gefühl, wenn du eigentlich etwas sagen möchtest, aber lieber den Mund hältst um keinen Streit zu provozieren? Um Harmonie zu wahren? Um keine Ablehnung zu riskieren?
Viele Menschen sind konfliktscheu. Manche still und leidend. Andere charmant ausweichend. Manche schweigend unter Druck.
Doch was passiert, wenn wir Konflikte vermeiden, statt sie zu klären?
Nicht nur in Teams, in Beziehungen, im Alltag, sondern besonders als Führungskraft?
1. Die stille Gefahr: Was konfliktscheues Verhalten auslöst
Konfliktscheu ist nicht einfach „nett sein“.
Es ist ein Muster, das sich oft früh in unserem Leben bildet: Das war etwas was ich auch bei mir entdecken und transformieren durfte.
Nicht, weil ich nichts zu sagen hatte. Sondern weil ich gelernt hatte, dass Harmonie wichtiger sei als Ehrlichkeit.
Erst mit der inneren Kindsarbeit und einer der Schlüsselfiguren die ich auf diesem Weg begegnet bin habe ich verstanden,
woher dieses Muster kam und wie sehr es mich blockiert hat.
In der Führungsrolle wurde es plötzlich spürbar:
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Ich sprach Dinge zu spät an
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Ich wollte gefallen statt führen
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Ich fühlte mich zerrissen zwischen Teamnähe und Klarheit
2. Die Kosten der Konfliktvermeidung
Wenn du konfliktscheu bist, zahlst du oft unbewusst einen hohen Preis:
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Glaubwürdigkeit geht verloren (du wirkst unklar oder wankelmütig)
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Rollenunklarheit (Mitarbeitende übernehmen Macht, weil Führungskraft sich entzieht)
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Spannungen im Team nehmen zu (unausgesprochene Dinge wirken weiter)
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Erschöpfung durch inneren Druck
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Und langfristig: Selbstzweifel
Denn irgendwann fragt man sich: „Warum fühle ich mich eigentlich nicht gesehen?“ obwohl man doch die ganze Zeit „nett“ war.
3. Konfliktstärke ist keine Härte – sondern Selbstführung
Konfliktfähigkeit bedeutet nicht, laut zu werden oder sich durchzusetzen.
Es bedeutet, bei sich zu bleiben, klare Grenzen zu zeigen, authentisch zu kommunizieren – auch wenn es unbequem ist.
Und es bedeutet auch:
Verantwortung für die Beziehung zu übernehmen, statt darauf zu hoffen, dass alles sich von selbst klärt.
4. Praxis-Übung: Deine innere Konfliktkarte
Schritt 1: Frage dich - ehrlich:
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In welchen Situationen gehe ich Konflikten aus dem Weg?
-
Was genau macht mir daran Angst?
-
Welche „alte Botschaft“ höre ich in solchen Momenten (z. B. „Sei nicht schwierig“)?
Schritt 2:
Nimm dir 10 Minuten und schreibe diesen Satz auf
„Ich darf…“
…klar sein.
…nein sagen.
…für mich einstehen.
…auch mal unbequem sein – und trotzdem verbunden bleiben.
Finde deinen Satz. Und lies ihn dir vor dem nächsten Gespräch durch.
5. Wenn Konfliktscheu in Beziehungen wirkt
Auch im Privatleben hat konfliktscheues Verhalten Folgen – oft tiefere, als wir denken.
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Wir sagen „Alles gut“, obwohl es nicht stimmt.
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Wir schlucken Unzufriedenheit herunter und wundern uns, warum wir innerlich abkühlen.
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Wir versuchen, Harmonie zu wahren und verlieren dabei uns selbst.
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Wir vermeiden Konfrontationen und entfernen uns emotional von Menschen, die uns eigentlich wichtig sind.
Ein Beispiel: Partnerschaft
Lisa hat das Gefühl, dass sie in ihrer Beziehung oft „die Starke“ ist.
Sie regelt vieles, spricht Dinge nicht an, um den Partner nicht zu verletzen.
Mit der Zeit wächst in ihr Frust aber sie äußert ihn nicht. Stattdessen wird sie passiv-kühl.
Der Partner merkt: „Etwas stimmt nicht“, aber versteht nicht, was.
Was als „Friedenswahrung“ begann, wird zur emotionalen Mauer.
Ein Beispiel: Familie
Tom besucht regelmäßig seine Familie obwohl jedes Treffen ihn stresst.
Er möchte seine Eltern nicht enttäuschen, schluckt Kritik herunter, macht gute Miene zum unguten Spiel.
Danach ist er emotional erschöpft und fühlt sich „nicht echt“.
Die Beziehung bleibt oberflächlich, er bleibt angepasst und innerlich leer.
6. Was du dir bewusst machen darfst
Konflikte vermeiden heißt nicht: Beziehung retten.
Es heißt oft: Authentizität aufgeben.
Wenn du deine Wahrheit nicht teilst, tust du nicht nur dir selbst etwas an, sondern entziehst auch anderen die Chance, dich wirklich zu verstehen.
Noch eine Praxisübung:
Schritt 1: Stell dir vor: Eine enge Bezugsperson verletzt dich mit Worten oder Verhalten.
Was ist deine erste Reaktion? (Rückzug, Ironie, Schweigen, Zustimmung?)
Schritt2: Frage dich:
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Welche Angst steckt hinter meinem Verhalten?
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Welche Botschaft habe ich in der Kindheit verinnerlicht?
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Wer wäre ich, wenn ich in diesem Moment mutiger wäre?
Schreibe diesen Satz auf:
Fazit:
Konfliktstärke bedeutet nicht Härte. Es bedeutet, ehrlich zu sein – mit dir und anderen. Und es beginnt oft genau dort, wo du gelernt hast, dich lieber anzupassen. Du kannst Konflikte lernen. Stück für Stück. Für dein Team. Für deine Beziehungen.
Und vor allem: Für dich.
Wenn du den nächsten Schritt gehen willst, begleite dich selbst mit unserem Reflexionsblatt.
Denn manchmal ist es nur ein kleiner Perspektivwechsel, der alles verändert.
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